Dieses Fotoobjekt (Fotogröße 13 x 18 cm, auf Pappe 29,5 x 21 cm montiert) aus dem Fotoarchiv des Kunstgeschichtlichen Seminars zeigt die Kirche Notre-Dame-La-Grande in Poitiers von Süd-Südwest. Neben der prächtigen Architektur mit ihrer charakteristischen Turmdachbedeckung fallen sofort die Fahrzeuge vor der Kirche auf. Darunter ein Pferdekarren ohne Zugtier und vermutlich ein Renault. Links fallen am Portal der Kirche beim genaueren Hinsehen die gestapelten Sandsäcke auf.

Das Foto stammt aus der Kollektion von „Foto Marburg“, trägt einen entsprechenden Stempel auf seiner Rückseite, und auf der Pappe unten rechts die Marburger Nummer 161489. Link zum Datensatz des Originals bei Foto Marburg. In der Bilddatenbank von Foto Marburg erfahren wir auch, dass das Foto zwischen 1940 und 1944 im Rahmen der „Kunstschutzkampagne“ in Frankreich entstand. Die Sandsäcke waren also zum Schutz bei den kriegerischen Auseinandersetzungen aufgestapelt worden.

Auf der Rückseite des Fotos wurde der Stempel des Seminars „Kunsthistorisches Seminar der Hansischen Universität“ (gültig bis 1942) angebracht, mit der gestempelten Inventarnummer 2271. Nach Aufbringen auf die Pappe wurde die Inventarnummer oben links wiederholt. Auf der Rückseite erhielt die Pappe den Seminarstempel, der bis in die 1930er Jahre gültig war „Kunsthistorisches Seminar der Hamburgischen Universität“. Das Stempelwirrwar erklärt sich, wenn wir einen Blick ins Inventarbuch werfen: Dort steht zum Jahr 1947 „Foto Marburg, Franz. Architektur (…) Nr. 1 bis 13303“. Die Aufnahme von Poitiers gelangte also 1947 in den Bestand, offenbar nach der ‚Hamsterfahrt‘ von Wolfgang Schöne und seiner Assistentin Helene Münscher nach Marburg, von der auch schriftliche Quellen berichten. Diese tausenden Fotos der – eben im Rahmen des „Kunstschutzes“ während der deutschen Besetzung entstandenen – Frankreichkampagne sah man in Hamburg 1. bedroht von der Beschlagnahmung durch die Alliierten, und 2. bedroht vom Abkauf durch andere Institute. Damit galt es, so schnell es ging, noch ehe die Gelder bewilligt waren alles zu ‚hamstern‘, was ging.

Rasch wurde das Foto mit dem veralteten Stempel versehen. Offenbar wurde es auch bald aufgeklebt und mit einem ebenfalls veralteten Stempel abgestempelt, da „Hansische Universität“ nicht mehr offiziell zu benutzen war, und der noch aktuelle Stempel mit dem Reichsadler und Hakenkreuz ja ohnehin nicht mehr verwendet werden durfte. Der neue runde Stempel „Kunstgeschichtliches Seminar . Universität Hamburg“ war offenbar aber noch nicht da.