Über die Fokussierung der Kunstgeschichte auf schwarzweiße Reproduktionen wurde bereits geforscht. Hingewiesen sei an dieser Stelle auf die Publikation von
Monika Wagner und Helmut Lethen: Schwarzweiß als Evidenz > klick <
Diese Beispiele aus dem Fotoarchiv des Kunstgeschichtlichen Seminars illustrieren, warum. Die Kunsthistoriker hatten nicht nur mit „Schwarzweiß“ zu kämpfen, sondern eher noch mit Sepia in allen Schattierungen. Je älter das Material, desto mehr verfärbte es sich ins Gelblich-Bräunliche und blich weiter aus. Schlechte Lagerung oder gar noch Lichteinfall beschleunigten den Zerfallsprozess. Unten sehen wir drei Fotoobjekte mit der Transfiguration von Raffael. Das auf grauem Karton aufgezogene Albuminbild aus dem Atelier Alinari (Originalgröße 25,5 x 19 cm) ist das Älteste. Es stammt aus der Schenkung „Stettiner-Weiss-Gottschewski“ vom Anfang der 1920er Jahre – wobei die Fotografie noch älter ist. Auf der Rückseite trägt es drei Seminarstempel: aus den 1920er, den 1930er und den 1950er Jahren: jedesmal, wenn sich der Name des Seminars änderte, wurde es gestempelt. Das war jedoch NICHT immer üblich.
(In unserer Datenbank finden sich hochauflösende Scans aller drei Fotoobjekte.)
Daneben liegt eine kleinere Reproduktion eines Stiches des Raffaelbildes, unbekannter Provenienz, ohne Seminarstempel, und ganz rechts eine Reproduktion aus den 1950er Jahren einer Aufnahme von Foto Anderson in Rom (Originalgröße 26 x 18 cm). Es trägt Hinweise zu weiteren Reproduktionen auf der Vorder- und Rückseite. Vielleicht sollte es für eine Publikation verwendet werden.
Unter anderem sollte hierbei der Copyright-Stempel des Ateliers wegretuschiert werden! Etwas, was man heute nicht mehr tun dürfte ohne Abmahnungen und Strafen zu riskieren.
Unsere Diakartei verrät, dass es zahlreiche Aufnahmen und Details der Transfiguration gegeben hat. Sie sind jedoch Anfang der 1990er Jahre entsorgt worden. Auch das Anderson-Foto gab es als Dia, als Quelle ist die Fotothek des Seminars vermerkt (der Stempel wurde übrigens NICHT wegretuschiert, jedenfalls nicht für die Dia-Aufnahme):
Die anderen beiden Fotoobjekte erlebten keine Transformation zum Dia – aus Qualitätsgründen vermutlich. Dafür wurde eine Abbildung aus der Kunsthalle benutzt:
Und hier nun zwei Farbdrucke der Transfiguration. Links Originalgröße 33,5 x 23 cm, rechts etwas kleiner 28 x 19 cm. Beide stammen vermutlich aus den 1950er oder 1960er Jahren. Die größere Reproduktion ist extrem blau-gelb-stichig. (Dabei entfernte der Scanner automatisch das Schlimmste, und der „Stich“ musste nachträglich per Bildbearbeitung wieder eingefügt werden.) Aus welchem Druckwerk bzw. Verlag sie stammt, ist unbekannt; die Pappe trägt auch keinen Seminarstempel. Die kleinere, farblich etwas besser gelungene Reproduktion stammt aus dem alten renommierten „Seemann“-Kunstverlag in Leipzig, unter neuem Titel als „Meister der Farbe“.
(In unserer Datenbank finden sich hochauflösende Scans der beiden Fotoobjekte.)
Die Wiedergabe von Farbe war in den meisten Druckwerken trotz großer Anstrengungen lange ein Problem, von einer originalgetreuen Reproduktion konnte letztlich nicht die Rede sein, Feinheiten verschwammen oft im Kontrast. Kunsthistorischen Ansprüchen genügte dies nicht. Man nahm den Verlust der Farbe nicht nur in Kauf, sondern betrachtete farbige Reproduktionen mit größter Skepsis und mied sie lange.
Für die „Otto Normbürger“ war das eher uninteressant. Dia-Verlage boten bis in die 1920er Jahre Kolorationen „nach Original“ an (sehr teuer), und „freie Koloration“, deren Zweck wohl einfach die Aufmerksamkeitssteigerung bei dem Publikum (Kindern ?) war. Dies ist ein solches „frei koloriertes“ Dia eines Stiches der Transfiguration (Originalgröße 8,5 x 8,5 cm), das natürlich NICHT seinen Weg in das Kunstgeschichtliche Seminar fand: