Die Foto- und Diasammlung

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Just found: „3 Kleindias!“

16. Mai 2023 ankenapp Keine Kommentare

Tizian, Assunta (Himmelfahrt Mariens), Foto-Originalgröße 26 x 20,5 cm.

Zwei Kleinbilddias, Außenmaße 5 x 5 cm mit dem selben Motiv und einem Ausschnitt

Auf der Trägerpappe dieses Fotoobjekts wurde zum ersten Mal ein Hinweis auf Kleinbilddias im Fotoarchiv entdeckt. Während es zwischen Fotografien der Fotothek und den Dias in der Diathek häufigen medialen Austausch gab, da Fotos und Dias gemeinsam gefertigt wurden, oder Dias von den Fotos, bzw. Abzüge von den Dias, gibt es zu den jüngeren Kleinbilddiapositiven kaum bis keine Berührungspunkte.

Der mit Ausrufezeichen versehen Hinweis „3 Kleindias!“ zeigt, dass zur Zeit seiner Anbringung dieses Medium am Seminar noch nicht sehr verbreitet war – und noch viel weniger FARBIGE Kleinbilddias. Auch wenn die ältesten farbigen Kleinbilddias bereits 1943 Einzug gehalten hatten, so blieb dies ein kostbarer kleiner Bestand (1969 etwa 1500 farbige Kleinbilddias). Die universitäre Fotostelle, die die großen Glasplattendias anfertigte, konnte bis in die 1970er Jahre keine farbigen Kleinbilddias herstellen. Diese wurden von kommerziellen Anbietern gekauft.

Ein Blick in die entsprechende, reich gefüllte Schublade der Kleinbilddias zu Tizian erbrachte tatsächlich zwei bereits von ihrem Äußeren her sehr „alt aussehende“ Exemplare. Diese beiden Dias mit den Inventarnummern 169662 und 169663 wurden von der selben Hand beschriftet, von der der Vermerk auf der Fotopappe stammt: dem damaligen Assistenten Wilhelm Schlink. Ob es jene sind, auf die oben auf der Fotopappe hingewiesen wird, kann natürlich nicht mit Sicherheit gesagt werden.

Da die Kleinbilddias zunächst in das Inventarnummernsystem integriert waren, lässt sich die Entstehungszeit dieser beiden relativ gut eingrenzen. Am 31. Dezember 1969 waren rund 156.000 Dias am Seminar vorhanden, laut Wolfgang Schönes Rechenschaftsbericht von Januar 1970. Also sind diese wohl Anfang der 1970er Jahre gefertigt worden. Es wurden oft sehr große Zahlen neuer Dias produziert, 1968 zum Beispiel 9500 !!! Im Wintersemester 1971/72 las Schöne über „Europäische Malerei von Brueghel bis Hogarth“ – die Dias hätten dort gut gepasst. Bei der Vorbereitung der großen Venedigexkursion von  Christian Isermeyer, der ebenfalls am Seminar als Professor lehrte, Anfang der 1970er Jahre gab es nach Augenzeugenbericht noch keine Farbdias. Während der Reise wurden aber in großem Stil die Kataloge von Rizzoli (nach denen die Dias reproduziert wurden) angekauft.

Bild des Monats: Mai 2023, aus dem Diaarchiv

02. Mai 2023 ankenapp Keine Kommentare

Am 5. August 1932 bestellte Erwin Panofsky drei Dias bei der renommierten Lichtbild- und Projektorfirma Liesegang. Die drei Dias, deren Inhalt sich über das Inventarbuch erschließen lässt, sind scheinbar nicht mehr im Bestand.

Nr. 12117 war ein Poussin, der wohl mit den 70.000 anlässlich des Umzuges 1990 „entsammelten“ Malereidias entsorgt wurde. Bei den zwei anderen handelt es sich um Charles de la Fosse, Die Auffindung Moses und den Triumph des Bacchus. Diese Motive sind noch im Bestand, allerdings wurden sie nicht von Liesegang hergestellt, sondern den Archives photographiques in Paris und tragen die Inventarnummern 6578 und 6579. Nummer 6579 ist hier zu sehen, Originalgröße 8,5 x 10 cm. Seine Qualität ist noch heute hervorragend. Warum innerhalb weniger Jahre diese Motive neu bestellt wurden und wohin die Lichtbilder von Liesegang verschwunden sind, ist unbekannt.

Bild des Monats: April 2023, aus dem Fotoarchiv

03. April 2023 ankenapp Keine Kommentare

Dieses Fotoobjekt (Fotogröße 13 x 18 cm, auf Pappe 29,5 x 21 cm montiert) aus dem Fotoarchiv des Kunstgeschichtlichen Seminars zeigt die Kirche Notre-Dame-La-Grande in Poitiers von Süd-Südwest. Neben der prächtigen Architektur mit ihrer charakteristischen Turmdachbedeckung fallen sofort die Fahrzeuge vor der Kirche auf. Darunter ein Pferdekarren ohne Zugtier und vermutlich ein Renault. Links fallen am Portal der Kirche beim genaueren Hinsehen die gestapelten Sandsäcke auf.

Das Foto stammt aus der Kollektion von „Foto Marburg“, trägt einen entsprechenden Stempel auf seiner Rückseite, und auf der Pappe unten rechts die Marburger Nummer 161489. Link zum Datensatz des Originals bei Foto Marburg. In der Bilddatenbank von Foto Marburg erfahren wir auch, dass das Foto zwischen 1940 und 1944 im Rahmen der „Kunstschutzkampagne“ in Frankreich entstand. Die Sandsäcke waren also zum Schutz bei den kriegerischen Auseinandersetzungen aufgestapelt worden.

Auf der Rückseite des Fotos wurde der Stempel des Seminars „Kunsthistorisches Seminar der Hansischen Universität“ (gültig bis 1942) angebracht, mit der gestempelten Inventarnummer 2271. Nach Aufbringen auf die Pappe wurde die Inventarnummer oben links wiederholt. Auf der Rückseite erhielt die Pappe den Seminarstempel, der bis in die 1930er Jahre gültig war „Kunsthistorisches Seminar der Hamburgischen Universität“. Das Stempelwirrwar erklärt sich, wenn wir einen Blick ins Inventarbuch werfen: Dort steht zum Jahr 1947 „Foto Marburg, Franz. Architektur (…) Nr. 1 bis 13303“. Die Aufnahme von Poitiers gelangte also 1947 in den Bestand, offenbar nach der ‚Hamsterfahrt‘ von Wolfgang Schöne und seiner Assistentin Helene Münscher nach Marburg, von der auch schriftliche Quellen berichten. Diese tausenden Fotos der – eben im Rahmen des „Kunstschutzes“ während der deutschen Besetzung entstandenen – Frankreichkampagne sah man in Hamburg 1. bedroht von der Beschlagnahmung durch die Alliierten, und 2. bedroht vom Abkauf durch andere Institute. Damit galt es, so schnell es ging, noch ehe die Gelder bewilligt waren alles zu ‚hamstern‘, was ging.

Rasch wurde das Foto mit dem veralteten Stempel versehen. Offenbar wurde es auch bald aufgeklebt und mit einem ebenfalls veralteten Stempel abgestempelt, da „Hansische Universität“ nicht mehr offiziell zu benutzen war, und der noch aktuelle Stempel mit dem Reichsadler und Hakenkreuz ja ohnehin nicht mehr verwendet werden durfte. Der neue runde Stempel „Kunstgeschichtliches Seminar . Universität Hamburg“ war offenbar aber noch nicht da.

Just found: Ein Blick in den Lübecker Dom

15. März 2023 ankenapp Keine Kommentare

Diese Fotografie (Originalgröße 17 x 13 cm) aus dem Fotoarchiv zeigt das Innere des Lübecker Doms. Die Inventarnummer oben links auf der Pappe informiert uns nach einem Blick ins Inventarbuch, dass das Foto zusammen mit 17 anderen im Juni 1952 für insgesamt 13,75 DM erworben wurde, und zwar vom Lübecker Atelier Wilhelm Castelli. Hier ist die Geschichte des Fotografen nachzulesen (NDR). In einem britischen Bombenangriff wurden das Geschäft und das wertvolle Negativplattenarchiv vernichtet, worüber auch ein heute im Universitätsarchiv aufbewahrter Schriftwechsel Auskunft gibt: “ …. mein Geschäftshaus in Schutt und Asche gelegt. Somit sind über 3000 Platten-Negative aus dem Lübeck-Archiv […] den Flammen zum Opfer gefallen“, ist dort zu lesen (Schreiben vom 23.10.1943). Die vom Kunstgeschichtlichen Seminar bestellten Dias und Fotos mit Lübecker Themen konnten nicht mehr geliefert werden.

Nach dem Krieg setzte Castelli gemeinsam mit seiner Familie seine „Fotokampagnen“ in Lübeck fort. Damals entstand wohl auch das obige Bild. Eine Bleistiftschrift auf der Fotopappe weist darauf hin, dass ein „Dia ungefähr entsprechend“ im Bestand des Diaarchivs vorhanden ist. Ein Blick in den Bestand macht es rasch ausfindig: das Dia (Originalgröße 10×8,5), versehen mit der Inventarnummer 28604, entstand vermutlich 1952 VOR dem Erwerb des Fotos. Im Herbst 1950 war man bereits bei Dia-Inventarnummer 25654 angelangt, und pro Jahr fertigte die universitäre Fotostelle bis zu 2000 Lichtbilder. Das fragliche Dia wurde jedoch eben nicht vom Fotoabzug erstellt, wie oft üblich, bzw. gleichzeitig mit ihm. Die Quellenangabe auf dem Dia identifiziert „Postk. Castelli, Bes. Münscher“.

In der Tat war Castelli auch gerade für seine Lübecker Postkarten bekannt. Diese befand sich demnach im Besitz der langjährigen Seminarassistentin Dr. Helene Münscher. Auch die Postkarte ist erhalten. Sie kehrte mit der Dia-Kartei 2021 ans Seminar zurück. Die Karteikarte informiert, dass die Aufnahme „um 1950“ entstand.

Wie es auf der anderen Seite des Lübecker Doms, im Ostchor, zu gleicher Zeit noch aussah, dokumentiert eine weitere Postkarte aus dem Atelier Castelli, auch sie in der Dia-Kartei:

Bild des Monats: Februar 2023, aus der Diakartei und dem Diaarchiv

31. Januar 2023 ankenapp Keine Kommentare

Dies ist ein Objekt aus der Diakartei. Die sepiafarbene Postkarte (Photoypie d’Art), 14,5 x 9 cm groß, mit einer Darstellung des Abendmahls von Dieric Bouts in Leuven, wurde nachträglich mit Buntstift koloriert, mit größter Wahrscheinlichkeit von Wolfgang Schöne.

Schönes monumentales Werkverzeichnis von Dieric Bouts erschien 1938. Es enthält lediglich schwarzweiße (sepiafarbige) Abbildungen, auch der Gemälde. Doch im Gegensatz zu anderen Kunsthistorikern vor, in und nach dieser Zeit (siehe hierzu die jüngst erschienene Monographie von Monika Wagner: Kunstgeschichte in Schwarzweiß) klammerte Schöne die Farbe nicht aus seinen Betrachtungen aus. Im Text des Werkverzeichnisses ist zu lesen, wie die Raumwirkung des Abendmahls durch die Farbwahl wesentlich mit gestaltet wird. Insbesondere das Rot entfaltet seine Bedeutung:

„Die Lokalfarben der Figuren und die neutralen Töne der Umwelt sind in eine Toneinheit gefasst, welche durch zarte vermittelnde Farbwerte und durch Braun, durch Hell-Dunkelwerte und durch Tonangleichungen an den Formgrenzen erreicht wird […]“ (S. 12)

„Wie stark diese Spannung im Bild wirkt, hängt nicht nur von der Größe der roten Farbflächen ab, sondern auch, wie sie zueinander geordnet sind und in welcher Umgebung sie stehen. […] Reich ist die Farbenskala! Denn zu dem Rot tritt ein ruhiges Blau von mittlerer Tiefe […] Alle diese Farben entfalten sich leuchtend vor einem im wesentlichen neutralen Grund.“ (S. 16)

Da die Abbildungen des Werkverzeichnisses NICHT farbig sind, bleibt dem Leser nur der Text, die enstprechende Farbgestaltung jeweils zu imaginieren. Schöne selbst hat sicherlich das Original besucht, vielleicht davon auch farbige Skizzen angefertigt, wie er es später von Gemälden tat. Am eindringlichsten vermittelt aber diese kolorierte Postkarte das Geschriebene. Farbige Reproduktionen des Altars schienen damals nicht erreichbar gewesen zu sein – und so wurde sich auf einfache, nur auf den ersten Blick kindlich erscheinende Weise beholfen, um eine Gedächtnisstütze zu fertigen.

Diese und eine weitere kolorierte Postkarte des Altars befinden sich in der Diakartei des Seminars, in der auch zahlreiche weitere Postkarten aufbewahrt sind, die als Quellenmaterial für Diapositive benutzt wurden. Die entsprechenden Dias tragen dann den Vermerk „Photo/Postkarte Besitz Schöne“. Von diesen beiden kolorierten Arbeitsinstrumenten gibt es allerdings keine Großdias. Der Inventarnummer nach Anfang der 1970er Jahre wurde dieses Kleinbilddia (5 x 5 cm) von einer Buchvorlage auf Farbunkehrfilm angefertigt:

Just found: Aus dem Fotoarchiv: „Retusche“

16. Januar 2023 ankenapp Keine Kommentare

Fotoarchiv, stark retuschiertes Original der Parchimer Georgenkirche, von Hans Much

Bei Routinearbeiten im Fotoarchiv des Kunstgeschichtlichen Seminars der Universität Hamburg fiel dieses Foto auf, dass sich bei genauer Betrachtung als künstlerisch retuschiert erwies. So ist der kahle Baum rechts handgezeichnet, ebenso die Akzente auf einigen Büschen, und auch an der Mauer wurde ’nachgeholfen‘. Flächige Übermalungen zeigen sich am Boden unten und am Himmel. Das Fotoobjekt ist eines von über hundert, das 1937 von Maria Much, der Witwe des Mediziners und Hobby-Kunsthistorikers Hans Much, angekauft wurde.

Verwendung hatte das retuschierte Foto in Muchs Publikation „Norddeutsche Backsteingotik. Ein Heimatbuch“, erste Auflage 1919.

„Norddeutsche Backsteingotik“, Abbildung Parchim, Detail mit den retuschierten Büschen und Baum.

Das retuschierte Fotoobjekt ist ein Druck, dessen Fotovorlage auch bei dieser Ansichtskarte Verwendung fand (unser retuschiertes Fotoobjekt ist aber keine Ansichtskarte). Hier sieht man jedoch deutlich, warum offenbar Retuschebedarf bestand, und wo mit Pinsel und Feder ergänzt wurde!

Alte Ansichtskarte auf Grundlage desselben Fotooriginals

Bild des Monats: Januar 2023, aus den Archivalien. „3000 Mark für ein Dia!“

10. Januar 2023 ankenapp Keine Kommentare

Das Kunstgeschichtliche Seminar bestellte von den 1920er bis in die 1950er Jahre häufig Fotos und Dias beim großen Lichtbildverlag „Dr. Franz Stoedtner“ in Berlin, die hochwertige Originalaufnahmen lieferten. So orderte auch Erwin Panofsky im Mai 1923 eine Fotografie, die für ein Publikationsprojekt (Die deutsche Plastik des elften bis dreizehnten Jahrhunderts) bestimmt war.

Inflation ist ja heute – fast hundert Jahre später – leider wieder ein Thema, doch so weit ist es zum Glück noch nicht gekommen: Der Verlag warnt, dass ein Dia und eine Foto der Größe 18 x 24 nunmehr 3000 Mark koste! (1922 warnte der Verlag noch vor 25 und 30 Mark…) Da sich in dem Band mehrere Fotografien von Stoedtner befinden, kann leider nicht gesagt werden, was das Motiv war.

(Das Original der Postkarte befindet sich im Warburg-Haus im Archiv)